Gartentipp Juni 2012

Frauenmantel - Vom Zauberkraut zur Zierpflanze



Gerade nach taureichen Nächten kann man jetzt morgens an den Blättern dieser Pflanze, die mit einer Wasser abstoßenden Wachsschicht bedeckt sind, an den Blattzahnwinkeln kleine, glänzende Wassertropfen finden, die sich dann im Laufe des Vormittags, bevor sie verdunsten, als großer Tropfen in der vertieften Blattmitte sammeln. Diese als Guttation bezeichnete Erscheinung ist das aktive Abscheiden von Wassertropfen aus den Spaltöffnungen der Blätter, die bei wasserdampfgespannter Atmosphäre nicht sofort verdunsten können.

Diesen Wassertröpfchen wurden im Mittelalter große Zauberkräfte zugeschrieben; der botanische Name Alchemilla bedeutet Alchimistenkraut. So ist auch überliefert, dass die Alchimisten diese Wassertröpfchen bei den Versuchen, Gold herzustellen, verwendeten und sogar aus den Tröpfchen den Stein des Weisen herstellen wollten. Frauenmantel ist deshalb ein gutes Beispiel dafür, wie nicht erklärbare naturwissenschaftliche Phänomene in früheren Jahrhunderten mystisch verklärt wurden.

Als wahres Wunderkraut wurde Frauenmantel auch in den Kräuterbüchern des Mittelalters empfohlen, das sogar gegen Epilepsie helfen sollte. In der modernen Pflanzenheilkunde spielt Frauenmantel keine große Rolle mehr; in der Schulmedizin wird er sogar für unwirksam erachtet. In der Volksmedizin wird das Kraut des gemeinen Frauenmantels aber nach wie vor wegen seiner blutreinigenden, entzündungshemmenden und wundheilenden Wirkung verwendet.





Bildunterschrift: Mit einem gelben Schleier überdeckt der Frauenmantel zur Blütezeit seine ornamentalen Blätter.

Bild: Peter Busch

Vor allem wegen seiner Schönheit von Blättern und Blüten ist Frauenmantel heutzutage im Garten geschätzt. Die weichen, gelappten Blätter erinnern an einen fächerartigen Mantel und gaben der Pflanze auch ihren Namen. Jetzt vom Juni bis in den Juli hinein sind die Blätter fast von einem gelbgrünen Blütenschleier bedeckt. Neben der heimischen Art des gemeinen Frauenmantels, A. vulgaris, empfiehlt sich für den Garten der aus den Karparten stammende Großblättrige Frauenmantel, A. mollis, mit größeren Blättern und reichhaltigem hellgelben Blütenschmuck.

Frauenmantel eignet sich gut als Einrahmung von Beeten und sogar als Bodendecker an halbschattigen bis sonnigen Standorten. Gewünscht wird ein möglichst feuchter, humoser Boden; die anspruchslosen Stauden kommen aber mit fast allen Bodenbeschaffenheiten aus. So bietet sich eine Anpflanzung am Teich oder an Wasserläufen an; im Staudenbeet passt Frauenmantel gut an schattigen Stellen zu Bergenien, in halbschattiger Lage zu Vergissmeinnicht und in sonniger Lage zu Glockenblumen und Primeln. Graziös wirkt Frauenmantel auch vor Mauern; für die Pflanzung im Steingarten bietet sich der Alpen-Frauenmantel, A. alpina, an. Selbst unter Gehölzen wächst Frauenmantel noch gut und kommt als Unterpflanzung in Frage.

Die Pflanzen werden je nach Art 15-50 Zentimeter groß; über Aussaat vermehren sie sich von allein und bilden rasch üppige Bestände. Ältere Pflanzen kann man auch wie alle Stauden über eine Teilung des Wurzelstockes vermehren.

Die zarten, gelben Blüten, die zu Büscheln an einem langen Stiel zusammensitzen, eignen sich hervorragend zu natürlichen Blumensträußen und halten lange in der Vase. N & G